Berner Zeitung BZ

Ein Rohrbacher Forstwart als Reiseleiter im Regenwald

Markus Mathys (27) aus Rohrbach organisiert Reisen nach Lateinamerika. Für den gelernten Forstwart ist dies eine andere Art von Entwicklungshilfe. Statt Geld zu schicken, unterstütze er Familienunternehmen.

Gertrud Müller

Sonne, feuchtwarme Luft, dichter, grüner Urwald. Dazwischen eine kleine Gruppe Leute, offensichtlich Touristen. Sie bewegen sich auf unbekannten Wegen; Wege, die nicht erschlossen für die grossen Touristenströme sind, welche Jahr für Jahr nach Lateinamerika pilgern. Es sind keine Freaks, Aussteiger, sondern ganz normale Menschen, die da unterwegs sind. Und sie sind nicht auf einer Überlebenstour, sondern mit ihrem Reiseleiter Markus Mathys unterwegs, einem Oberaargauer, um Lateinamerika auf eine etwas andere Art kennen zu lernen.

Hintergründe erkennen

«Wir übernachten in kleinen Hotels», erzählt Markus Mathys (27), Rohrbach. Und: «Es ist also auch schon vorgekommen, dass wir den Herbergsfamilien von unseren Nahrungsmitteln dagelassen haben.» Es sei nämlich ein Problem für die kleinen Familienunternehmen, neben den grossen Reiseanbietern bestehen zu können. Mathys: «Diese werden oft boykottiert. Und so kann es passieren, dass ihnen nicht einmal die Lebensmittel geliefert werden.» Ursprünglich hat der gelernte Forstwart ein Forstprojekt im Regenwald übernehmen wollen. Doch dazu müsste man Forst- ingenieur studiert haben; Mathys hatte keine Chancen.

Zuerst Reiseberichte

Seine Liebe zu Lateinamerika und Kuba führte Markus Mathys mehrmals in diesen Erdteil. Er lernte vor Ort in Sprachschulen Spanisch und hatte wenig Hemmungen, sich mit der Bevölkerung der Unterschicht zu unterhalten. Er merkte bald, dass es den Leuten dort an vielem mangelt. Von seinen Reisen schrieb er Reiseberichte, welche er in die Schweiz zurückschickte. «Eigentlich schrieb ich, um meinem Vater die Zeit zu vertreiben», lacht Markus Mathys. Zurück in der Schweiz wurde Mathys von Kollegen angefragt, ob er nicht eine Reise organisieren würde. «Und so bin ich eigentlich auf die Idee gekommen, überhaupt mit Leuten nach Lateinamerika zu reisen.»

Arbeit statt Almosen

Zweimal ist er bis jetzt mit Kleinstgruppen nach Lateinamerika gereist. Sein Ziel: «Entwicklungshilfe» leisten, ohne einfach Geld hinzuschicken. «So helfen wir am besten», ist er überzeugt. «Die Leute bekommen durch uns Arbeit und verdienen sich so den Lebensunterhalt. Sie leben dann nicht einfach von Almosen», erklärt der junge Reiseleiter. Er hält seine Mitreisenden auch dazu an, Kleider oder Medikamente mitzunehmen. Denn: «Solche Sachen sind dort Mangelware oder zu teuer.» Auch dieses Jahr wird er wieder starten. Fünf Reisen hat er geplant: «Ob sie alle zu Stande kommen, ist noch offen.» In der Zwischenzeit arbeitet Markus Mathys auf seinem gelernten Beruf, temporär, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. «Nein, reich an Geld wird man bei solchen Unternehmen bestimmt nicht.» Sagts, lächelt und wendet sich wieder seinen Vorbereitungen zu.

Reiseberichte von Markus Mathys im Internet: www.suedamerikareisen.com 

BZ-Oberaargau, 08. Februar 2003

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